Vor fünf Jahren war ich in Indien. Genauer gesagt in Kerala, jenem indischen Bundesstaat, der ganz im Südwesten des Subkontinents liegt, dessen Hauptstadt den unaussprechlichen Namen Thiruvananthapuram (Trivandrum) hat und der gerne als die Schweiz Indiens bezeichnet wird. Das zu beurteilen überlasse ich gerne anderen, denn ausser einen kleinen Teil Keralas habe ich von Indien bisher nichts gesehen. Ich war damals schon längst ganz erpicht darauf eine Ayurveda-Kur zu machen. Bis dahin hatte ich viel davon gehört und gelesen und es war an der Zeit mir selbst ein Bild zu machen. Im Juli war Monsunzeit, somit Nebensaison und deshalb ziemlich tote Hose. In meiner ausgewählten Unterkunft waren 7 Personen mit den gleichen Ambitionen wie ich. Ein bunt zusammengewürfeltes Trüppchen aus Luxemburg, Italien, Mexiko, Frankreich und Deutschland. Wir haben zusammen gelacht, gelitten, geflucht und zwischendurch alles zum Teufel gewünscht – und trotzdem oder gerade deswegen alle durchgehalten.
Eine Ayurveda-Kur ist kein Zuckerschlecken. Wer sich vorstellt, den ganzen Tag synchron von feinfühligen indischen Masseurinnen durchgeknetet zu werden, ständig feines indisches Essen und erfrischende Lassis zu geniessen, der sollte erst gar nicht hinfahren. Eine Ayurveda-Kur ist mit keinerlei europäischen Massstäben zu messen, man muss sich auf Neues einlassen können und darf vor allem nichts mit unserer europäischen Logik hinterfragen, denn das Prinzip von Ayurveda passt in diese überhaupt nicht hinein.
Wer ständig lamentiert, wer sich davor ekelt pures Öl in nicht unbeträchtlichen Mengen auf nüchternen Magen zu trinken, wer nach 1 Woche kein Vegetable Curry mit Chapati mehr sehen kann und wer es nicht aushält einfach ein paar Stunden absolut nichts zu tun, der ist zu Hause besser aufgehoben. Meine Mitkurerin Maria, hatte wie ich ein ziemlich grosses Interesse abseits der nicht sonderlich abwechslungsreichen ayurvedischen Kurkost, Einblicke in die indische Küche zu bekommen. Nach anfänglichem Zögern hat der Küchenchef eingewilligt uns eine Woche jeweils einen Nachmittag lang in die indische Kochkunst einzuweihen.
Chef Prathap nahm es sehr genau. Er wollte, das Maria und ich etwas lernen und hat gleich zu Beginn klar gemacht, dass wir am Ende der Woche eine Prüfung abzulegen haben. Ich denke wir waren Musterschülerinnen. Wir haben zugehört, viele Fragen gestellt, das Gemüse exakt so geschnitten wie er wollte, in vielen Töpfen gerührt und haben die Gelegenheit genutzt von den Köstlichkeiten, die so gar nicht unserer ayurvedischen Kurkost entsprachen, winzige Kleinigkeiten zu kosten. Nach einem straffen Ein-Wochen-Programm, bei dem wir unter anderem Pachadi (gewürztes Joghurt mit Gemüse), Rasam (scharfe Suppe aus Linsen und Tomaten), Uppuma (würziges Gericht aus dem Süden aus Griess und Linsen) und Kitchadi (Reis-Linsen Gericht) kochten und Spezialitäten aus Kerala, Karnantaka, Nordindien und anderen Bundesstaaten kennen gelernt hatten, waren wir ganz happy und zufrieden – Chef Prathap auch – und haben die Prüfung unter dem wachsamen Auge der drei Küchenassistenten bestanden. Seit dieser Zeit koche ich regelmässig aus den umfangreichen Rezeptunterlagen, die uns Chef Prathap mit auf den Weg gegeben hat. Ganz besonders gern Palpayasam, ein typisches Gericht aus Kerala – Milchreis mit gebratenen Cashews, Rosinen, von mir mit Pistazien erweitert und mit Kardamom bestreut. Ganz besonders gefällt mir der Kontrast und der Geschmack der in Ghee gebratenen Nüsse zum Milchreis.
PALPAYASAM – Rezeptquelle: Chef Prathap, abgewandelt
Zutaten für 2 Personen als Snack oder kleines Abendessen
- 50 Gramm Rundkornreis, vorzugsweise Arborio
- 450 Mililiter Milch
- 100 Mililiter Wasser
- 1 Esslöffel Akazienhonig
- 15 Gramm Rosinen
- 15 Gramm Cashewnüsse
- 15 Gramm Pistazienkerne
- 3 Kardamomkapseln
- 10 Gramm Ghee (Butterschmalz)
- den Reis waschen
- Reis mit der Hälfte der Milch und dem Wasser aufsetzen und kochen, bis der Reis gar ist
- die restliche Milch und Akazienhonig dazugeben und den Reis kochen bis er eingedickt und cremig ist
- Butterschmalz erhitzen und Cashews, Pistazien und Rosinen darin kräftig anbraten. Achtung: das Ghee nicht zu heiss werden lassen, sonst verbrennen die Rosinen
- Nüsse und Rosinen in den fertig gekochten Milchreis rühren
- Kardamomkapseln aufbrechen und die Kerne im Mörser zerstossen
- Milchreis anrichten und Kardamompulver darüberstreuen